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FROZEN ANGELS

 

Kalifornien heißt das Wunderland der künstlichen Kindererzeugung: Das perfekte Wunschkind hat die besten Aussichten auf glänzenden College-Abschluss, ist gespickt mit Genen, die Gesundheit, Schönheit und Leistungsfähigkeit versprechen, das richtige Geschlecht und die gewünschte Hautfarbe, alles wählbar im Online-Katalog. Der Markt boomt, die Nachfrage bestimmt den Preis – Eizellen von Star-Models und Sperma von Nobelpreisträgern sind heiß begehrt und teuer. Blond und blauäugig sind die idealen Spender. In Kalifornien ist im Bereich der menschlichen Fortpflanzung mehr erlaubt und möglich als irgendwo sonst auf der Welt, ohne Kontrolle oder staatliche Vorschriften. Die prominente Rechtsanwältin und Autorin Lori Andrews nennt es den „Wilden Westen der Medizin“. Jedes sechste Paar in den USA ist unfruchtbar – und 99% der Kunden der zahlreichen Fruchtbarkeitskliniken sind weiß. Die Verheißung perfekter Kinder ist eine neue Variante des Amerikanischen Traums. Bald wird es möglich sein, Embryos auf mehr als 2000 genetisch bedingte Krankheiten zu testen. Wird dann noch jemand riskieren, Kinder auf die altmodische Art zu bekommen? Cappy Rothman, Präsident der weltgrößten Samenbank, sagt, dass es bald so einfach sein wird, den genetischen Code zu verändern, wie Schreibmaschine zu schreiben. Auch der Forscher Gregory Stock meint, die Entwicklung eines neuen Designer-Übermenschen sei unaufhaltsam: “Was wir heute mit Schafen und Fruchtfliegen machen, machen wir morgen mit Menschen.” Welche gesellschaftlichen Folgen werden genetische Unterschiede haben, deren Erwerb sich nur eine Minderheit leisten kann? Wo Gegner und Befürworter der Genmanipulation sich einig sind: sie wird zu einem biologischen Kastensystem führen und die Gegensätze weiter verschärfen, zwischen Menschen verschiedener Hautfarbe, Gesunden und Kranken, der Ersten Welt und dem Rest.

Bill Handel, der beliebteste Hate-Radio-Talker der Westküste, fühlt sich zerrissen: angstvoll beschwört er die Gefahr einer neuen Eugenik – seine jüdischen Großeltern wurden in Auschwitz ermordet. Andererseits ist Handel Besitzer der weltgrößten Agentur für Leihmütter und Eizellenspenderinnen. Die blonde und blauäugige Kari am gefragtesten. Sie fühlt sich als Engel der Unfruchtbaren und spendet aus reiner Gutherzigkeit, wie sie sagt. Nebenbei finanziert sie mit dem Honorar ihre Ausbildung.

Welcher Ort wäre als Zentrum des neuen Wunderlandes besser geeignet als Los Angeles, das mit Körperkult und Fitnesswahn die Künstlichkeit und die Verbannung von Krankheit, Alter und Tod zum Credo erhoben hat? In traumhaften Bildern zeigt der Film die Zukunft der menschlichen Reproduktion, wo sie längst begonnen hat. Persönliche Geschichten von Eispenderinnen, Leihmüttern, Samenbankpräsidenten, Genforschern, Radio-Moderatoren, erwachsenen Designer-Babys und unfruchtbaren Paaren fügen sich zu einer Struktur, für die Spielfilme wie “Short Cuts” und “Magnolia” Modell standen. Los Angeles ist die Kulisse, vor der die Erzählung aus zunächst scheinbar unverbundenen Szenen und Episoden gesponnen wird. Die Kamera ist immer in Bewegung und folgt den Menschen durch ihren Alltag. Nicht zuletzt spielt die Stadt selbst eine Hauptrolle mit ihrem endlosen Verkehr, den Stränden der Reichen und Schönen, den weißen Laboratorien und den schmucken Vorstadtvillen – kontrastierend mit den armen Gegenden der Immigranten und nächtlicher Industrielandschaft. Der Film visualisiert den Traum von der absoluten Perfektion und der Käuflichkeit des Lebens – von dem der größte Teil der Gesellschaft ausgeschlossen bleibt.

Frozen Angels (93 Min., 85 Min. Version für Fernsehen) ist eine Produktion von Eric Black und Frauke Sandig, Umbrella Films, mit dem ZDF (Das kleine Fernsehspiel), ITVS (USA), France2, YLE, gefördert von der Medienboard Berlin-Brandenburg GmbH. Buch und Regie: Frauke Sandig und Eric Black, Kamera: Eric Black, Herstellungsleitung: Brigit Mulders, Schnitt: Silke Botsch, Sound Design: Out of Silence, Sound Mix: Martin Grube, Musik: Zoe Keating u.a., Redaktion: Burkhard Althoff, Verleih: Piffl Medien GmbH, Copyright Eric Black und Frauke Sandig Umbrella Films 2005.

Festivals und Preise: Sundance Film Festival 2005 (Documentary Competition), Visions du Réel, Nyon (International Competition, Publikumspreis), HotDocs(International Competition), Sydney International Film Festival, IDA DocuWeek, Los Angeles, Vancouver International Film Festival, DOK Leipzig (Deutscher Wettbewerb), Mill Valley International Film Festival, Bergen International Film Festival, Tempo Documentary Film Festival, Stockholm, Sheffield International Documentary Festival, Kasseler Dokumentarfilm und Videofest, Eröffnungsfilm, Boston Jewish Film Festival, Washington Jewish Film Festival, Guangzhou Int. Documentary Film Festival, FICCO Mexico City International Contemporary Film Festival (Special Jury Mention), Festival des Femmes, Creteil (Prix de Cinephage),One World Festival, Ann Arbour International Film Festival u.a.